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Buergerschaftswahl Bremen: Auszaehlung nicht mehr oeffentlich?
(zu alt für eine Antwort)
Ralf . K u s m i e r z
2011-05-22 15:28:21 UTC
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Moin!

Bremen hat bekanntlich ein neues Wahlrecht: Man hat jeweils fünf
Stimmen für die Bürgerschaft und die Bezirksvertretungen und kann nach
Belieben kumulieren und panaschieren - entsprechend ist der
"Stimmzettel" eine mehrseitige Broschüre in erheblichem Umfang, in der
sämtliche Wahlbewerber enthalten sind.

Ich wollte dann mal wissen, wie die lokalen Wahlvorstände die
Auszählung wohl in endlicher Zeit gebacken kriegen. Die Antwort: Gar
nicht. Die Stimmzettel werden ungezählt ins "Auszählungszentrum" in
der alten Post an der Weide am Hauptbahnhof transportiert und dort
zentral ausgezählt, was mehrere Tage in Anspruch nehmen wird.

Ich hatte dann mal nach der Öffentlichkeit der Auszählung gefragt: Die
findet (nach der tel. Auskunft des Wahlamts) wohl nicht mehr statt, d.
h. ich kann mitnichten hinfahren und zuschauen.

Mal abgesehen von der Frage der Zweckmäßigkeit, bzw. ob das die
Qualität des Zählergebnisses nicht evtl. sogar verbessert (sprich:
lokale Wahlvorstände nicht mehr so viel schummeln können): Ist das
überhaupt rechtens? (Durch die Parteien besser kontrollierbar wäre es
theoretisch schon, wenn die ihre Wahlhelfer bei den Auszählungsgruppen
gleichmäßiger verteilen und dann auch alle Einzel-Zählergebnisse mal
selbst zusammenrechnen bzw. mit den veröffentlichten Daten vergleichen
können.)

Wegen der Kompliziertheit der Wahl hat sich übrigens ein Viertel der
Wähler für die Briefwahl entschieden (vorher 18 %), obwohl das
Anfordern der Briefwahlunterlagen nicht portofrei möglich war (aber
man konnte sie natürlich persönlich beim Wahlamt beantragen und
abholen und praktischerweise auch gleich dort wählen - im Gegensatz zu
der nichtvorhandenen Informaton auf der Wahlbenachrichtigung übrigens
auch am Samstag).

Wirres am Rande: Da gibt es ja immer so ein paar Spezielisten, die es
nicht nötig haben, der Meldepflicht nachzukommen. Kein Problem: Die
schnappen sich jemanden (zum Beispiel den Vermieter), der bestätigt,
daß sie seit mehr als einem halben Jahr in Bremen leben, und dann
werden die ins Wählerverzeichnis eingetragen und dürfen auch wählen.
Naja, wie auch sonst...


Gruß aus Bremen
Ralf
--
R60: Substantive werden groß geschrieben. Grammatische Schreibweisen:
adressiert Appell asynchron Atmosphäre Autor bißchen Ellipse Emission
gesamt hältst Immission interessiert korreliert korrigiert Laie
nämlich offiziell parallel reell Satellit Standard Stegreif voraus
Ralf . K u s m i e r z
2011-05-22 21:39:52 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
Ich hatte dann mal nach der Öffentlichkeit der Auszählung gefragt: Die
findet (nach der tel. Auskunft des Wahlamts) wohl nicht mehr statt, d.
h. ich kann mitnichten hinfahren und zuschauen.
Mir wurde offenbar Unsinn erzählt: Auf der Internetseite des Wahlamts
steht, daß die Auszählungen öffentlich sind:
<http://www.landeswahlleiter.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen192.c.2269.de>.


Gruß aus Bremen
Ralf
--
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Dirk Moebius
2011-05-23 05:31:16 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
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Post by Ralf . K u s m i e r z
Ich hatte dann mal nach der Öffentlichkeit der Auszählung gefragt: Die
findet (nach der tel. Auskunft des Wahlamts) wohl nicht mehr statt, d.
h. ich kann mitnichten hinfahren und zuschauen.
Mir wurde offenbar Unsinn erzählt: Auf der Internetseite des Wahlamts
<http://www.landeswahlleiter.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen192.c.2269.de>.
Und welcher Bremer Buerger kann sich so einfach eine Woche frei nehmen,
um die Auszaehlung zu ueberwachen?

Das klingt mir nach gezielter Zermuerbungstaktik, da ist das Manipulieren
auch einfacher als mit Wahlcomputern.
--
Es herrschen zensurähnliche Zustände. Ich kann verstehen, wenn
Menschen das umgangssprachlich Zensur nennen. Ich tue das auch.
Svenie
2011-05-23 19:18:32 UTC
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Die telefonisch genannte Auskunft war zumindest irreführend. § 30 Absatz 1
des Bremischen Wahlgesetzes bestimmt audrücklich, dass für den Wahlbezirk
die Stimmenzahlen in öffentlicher Auszählung festzustellen sind. Allerdings
unterscheidet das Gesetz die Begriffe Wahlbezirk und Wahlbereich. Im
letzteren werden mehrere Wahlbezirke zusammengefasst. Die Stimmen im
Wahlbereich werden zwar auch festgestellt, allerdings fehlt im Absatz 3 des
§ 30 das Wort "öffentlich".
Post by Ralf . K u s m i e r z
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Post by Ralf . K u s m i e r z
Ich hatte dann mal nach der Öffentlichkeit der Auszählung gefragt: Die
findet (nach der tel. Auskunft des Wahlamts) wohl nicht mehr statt, d.
h. ich kann mitnichten hinfahren und zuschauen.
Mir wurde offenbar Unsinn erzählt: Auf der Internetseite des Wahlamts
<http://www.landeswahlleiter.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen192.c.2269.de>.
Post by Ralf . K u s m i e r z
Gruß aus Bremen
Ralf
mock
2011-05-23 20:59:15 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
Ich hatte dann mal nach der Öffentlichkeit der Auszählung gefragt: Die
findet (nach der tel. Auskunft des Wahlamts) wohl nicht mehr statt, d.
h. ich kann mitnichten hinfahren und zuschauen.
Eis Skatspieler bescheisst nicht beim Spiel, er bescheisst beim Zählen
der Stiche.

Naja, das hat sich nun erledigt. Trotzdem ist die Transparenz bei der
Auszählung mangelhaft. Das liegt wohl in der Natur der Sache.

Ich finde es schade, dass das Liquid Feedback Projekt der Piraten
nicht weiterverfolgt und -entwickelt wird. Sicher würde es in seiner
Form bei einer solchen Wahl nicht besonders nützlich sein, aber die
bestätigt nur ein obsoletes System.
Gernot Griese
2011-05-23 21:28:16 UTC
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Post by mock
Post by Ralf . K u s m i e r z
Ich hatte dann mal nach der Öffentlichkeit der Auszählung gefragt: Die
findet (nach der tel. Auskunft des Wahlamts) wohl nicht mehr statt, d.
h. ich kann mitnichten hinfahren und zuschauen.
Eis Skatspieler bescheisst nicht beim Spiel, er bescheisst beim Zählen
der Stiche.
Naja, das hat sich nun erledigt. Trotzdem ist die Transparenz bei der
Auszählung mangelhaft. Das liegt wohl in der Natur der Sache.
Ich finde es immer wieder interessant, wenn Wähler einerseits mangelnde
Transparenz oder Fälschungsmöglichkeiten unterstellen andererseits aber
keiner dieser Wähler die ihm angebotenen Kontrollmöglichkeiten nutzt.

Gernot
Ralf . K u s m i e r z
2011-05-23 22:34:18 UTC
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Post by Gernot Griese
Ich finde es immer wieder interessant, wenn Wähler einerseits mangelnde
Transparenz oder Fälschungsmöglichkeiten unterstellen andererseits aber
keiner dieser Wähler die ihm angebotenen Kontrollmöglichkeiten nutzt.
Der einzelne hat diese Möglichkeit nicht. Man müßte es organisiert
tun. Diejenigen, die sich organisieren, nennt man Parteien. Aber sie
sind zu klein und zu naiv - ein nicht geringer Anteil von
Parteimitgliedern besteht aus Selbstdarstellern und sonstwie
Gestörten, die Gesellschaft suchen und Selbstbestätigung. Und die
paar, die darauf aus sind, macht auszuüben (was auch nicht gerade ein
Zeichen geistiger Gesundheit ist), haben kein Interesse daran, die
Einhaltung der Spielregeln zu kontrollieren.

Hatte ich
<http://www.achimgoerres.de/work/Breunig_Goerres_Benford_Bundestag_elections.pdf>
erwähnt?

Wobei die Annahme, Ergebnisfälschungen ließen sich mit statistischen
Methoden entlarven, ohnehin fragwürdig ist: Die Behördenleiter sind
selbst Statistiker und schlau genug, solche dämlichen dilettantischen
Fehler zu vermeiden. Gefährlich könnten potentiellen Fälschern
eigentlich nur die Demoskopen werden: Wenn deren Methoden etwas taugen
(was ich mir vorstellen kann, zumindest, was die Nachwahlbefragungen
angeht), dann kennen die unabhängig von der Auszählung das wahre
Ergebnis sehr genau. Und dann würden deutliche Abweichungen der
amtlichen Ergebnisse davon schon auffallen.


Gruß aus Bremen
Ralf
--
R60: Substantive werden groß geschrieben. Grammatische Schreibweisen:
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gesamt hältst Immission interessiert korreliert korrigiert Laie
nämlich offiziell parallel reell Satellit Standard Stegreif voraus
Bernhard Muenzer
2011-05-24 08:05:44 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
Post by Gernot Griese
Ich finde es immer wieder interessant, wenn Wähler einerseits mangelnde
Transparenz oder Fälschungsmöglichkeiten unterstellen andererseits aber
keiner dieser Wähler die ihm angebotenen Kontrollmöglichkeiten nutzt.
Der einzelne hat diese Möglichkeit nicht. Man müßte es organisiert
tun.
In Zeiten von Twitter wäre das nicht weiter schwierig; das ist also
keine Ausrede.

Bei der letzten Präsidentschaftswahl in den USA gab es Zweifel, ob
wirklich alle Bürger ohne Probleme in ihren Wahllokal unter zumutbaren
Bedingungen wählen konnten.

Also haben viele Freiwillige beim nächsten Wahllokal kontrolliert, ob
es geöffnet war, ob es Schlangen gab, ob ausreichend Stimmzettel zur
Verfügung standen etc. und diese Beobachtungen unter einem
vereinbarten Hashtag twitterten. Der Zeitaufwand für jeden war
zwischen einer Minute (wenn man sowieso dort vorbeikam und nur seine
Beobachtung twitterte) bis zu einem kompletten Tag. Insgesamt kam so
ein recht gutes Gesamtbild zustande, und für eine eventuelle
Wahlanfechtung hätte man ebenso Beweismaterial gesichert.

Bei einer Stimmauszählung ginge das ebenso - wer immer gerade Zeit
hat, schneit bei der Stimmauszählung herein und twittert seine
Beobachtungen unter dem entsprechenden Hashtag. Dann kann jeder
jederzeit überblicken, in welchem Lokal die Auszählung beobachtet wird
und kann bei Bedarf ein gerade nicht kontrolliertes Auszählungslokal
für ein paar Stunden übernehmen.

Bei Google, auf dem Piratenpad oder an ähnlicher Stelle könnte man
auch einen Stundenplan veröffentlichen, in den sich freiwillige
Beobachter eintragen können; so erkennt man Lücken im Zeitplan und
kann darauf reagieren.

All dies erfordert so gut wie keinen Organisationsaufwand; es reicht
ein "Ich gehe jetzt Wahlüberwachen; wer macht mit?".
Post by Ralf . K u s m i e r z
Diejenigen, die sich organisieren, nennt man Parteien.
NACK.

Wenn Dir die Überwachung der Auszählung wirklich wichtig ist, kannst
Du auch ein paar Stunden dafür erübrigen. Und wenn Du willst, dass Dir
andere dabei helfen, brauchst Du heutzutage keine Organisation, die
Dir hilft und auch keine überragende soziale Kompetenz, sondern nur
eine gute Idee und den Willen, sie umzusetzen. Wenn die Idee wirklich
gut ist, finden sich über Twitter schnell Freiwillige, die mitmachen.
Ralf . K u s m i e r z
2011-05-24 11:05:50 UTC
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Post by Bernhard Muenzer
Post by Ralf . K u s m i e r z
Post by Gernot Griese
Ich finde es immer wieder interessant, wenn Wähler einerseits mangelnde
Transparenz oder Fälschungsmöglichkeiten unterstellen andererseits aber
keiner dieser Wähler die ihm angebotenen Kontrollmöglichkeiten nutzt.
Der einzelne hat diese Möglichkeit nicht. Man müßte es organisiert
tun.
In Zeiten von Twitter wäre das nicht weiter schwierig; das ist also
keine Ausrede.
Wie "twittert" man? Das ist ein Minderheitensport von Nerds, ist es
nicht?

Es geht nicht um "Ausreden", sondern darum, daß einzelne eben nichts
machen können.

[Längliche Ausführungen zu Bürgerrechtsaktivismus]

Du bestätigst also, daß organisiertes Vorgehen erforderlich wäre. Sag
ich doch.
Post by Bernhard Muenzer
All dies erfordert so gut wie keinen Organisationsaufwand; es reicht
ein "Ich gehe jetzt Wahlüberwachen; wer macht mit?".
"So gut wie keinen" ist offenbar welcher - wenn das nicht einigermaßen
flächendeckend oder wenigstens statistisch repräsentativ wird, ist es
für die Katz'.
Post by Bernhard Muenzer
Wenn Dir die Überwachung der Auszählung wirklich wichtig ist, kannst
Du auch ein paar Stunden dafür erübrigen.
"Wenn". Und warum sollte das so sein? Das interssiert nornale Menschen
ungefähr soviel wie Sozialwahlen, wo es auch bloß um die Goldene
Ananas geht.
Post by Bernhard Muenzer
Und wenn Du willst, dass Dir
andere dabei helfen, brauchst Du heutzutage keine Organisation, die
Dir hilft und auch keine überragende soziale Kompetenz, sondern nur
eine gute Idee und den Willen, sie umzusetzen. Wenn die Idee wirklich
gut ist, finden sich über Twitter schnell Freiwillige, die mitmachen.
Es ist eben keine gute Idee.


Gruß aus Bremen
Ralf
--
R60: Substantive werden groß geschrieben. Grammatische Schreibweisen:
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gesamt hältst Immission interessiert korreliert korrigiert Laie
nämlich offiziell parallel reell Satellit Standard Stegreif voraus
Stefan Schmitz
2011-05-26 22:41:07 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
X-No-Archive: Yes
Post by Gernot Griese
Ich finde es immer wieder interessant, wenn Wähler einerseits mangelnde
Transparenz oder Fälschungsmöglichkeiten unterstellen andererseits aber
keiner dieser Wähler die ihm angebotenen Kontrollmöglichkeiten nutzt.
Der einzelne hat diese Möglichkeit nicht. Man müßte es organisiert
tun.
Um Manipulationen bei der Auszählung weitgehend zu unterbinden, ist
doch gar keine organisierte Kontrolle nötig. Allein schon die
grundsätzliche Öffentlichkeit genügt, denn dadurch besteht immer das
Risiko, dass man erwischt wird, wenn doch mal ein Zuschauer kommt.
Welcher Gelegenheitswahlfälscher würde das riskieren? Mal abgesehen
davon, dass er auch noch seine Mitzähler zur Beihilfe bewegen müsste.

Sollten die Zähler wirklich geplant und mit vereinten Kräften fälschen
wollen, dürfte das auch bei Anwesenheit von normalen Bürgern gelingen.
Ralf . K u s m i e r z
2011-05-27 11:30:51 UTC
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X-No-Archive: Yes
Post by Stefan Schmitz
Post by Ralf . K u s m i e r z
Post by Gernot Griese
Ich finde es immer wieder interessant, wenn Wähler einerseits mangelnde
Transparenz oder Fälschungsmöglichkeiten unterstellen andererseits aber
keiner dieser Wähler die ihm angebotenen Kontrollmöglichkeiten nutzt.
Der einzelne hat diese Möglichkeit nicht. Man müßte es organisiert
tun.
Um Manipulationen bei der Auszählung weitgehend zu unterbinden, ist
doch gar keine organisierte Kontrolle nötig. Allein schon die
grundsätzliche Öffentlichkeit genügt, denn dadurch besteht immer das
Risiko, dass man erwischt wird, wenn doch mal ein Zuschauer kommt.
Welcher Gelegenheitswahlfälscher würde das riskieren? Mal abgesehen
davon, dass er auch noch seine Mitzähler zur Beihilfe bewegen müsste.
Sollten die Zähler wirklich geplant und mit vereinten Kräften fälschen
wollen, dürfte das auch bei Anwesenheit von normalen Bürgern gelingen.
Gelegentliche Besucher in einzelnen Wahllokalen könnten vielleicht
verhindern, daß dann in dem konkreten Wahllokal allzu offensichtlich
manipuliert wird, aber wie Du selbst schreibst, ist nicht einmal das
sicher. Und es verhindert sicher nicht die Möglichkeit, daß die in dem
Wahllokal öffentlich ausgezählten und bekanntgegebenen Zählergebnisse
nicht diejenigen sind, die in das Gesamtergebnis einfließen - diese
Kanäle sind der Kontrolle nicht zugänglich, siehe DDR-Kommunalwahlen
am 7. Mai 1989.

Und daß hier und da tatsächlich manipuliert wurde, ist aus einzelnen
Strafverfahren und Wahlwiederholungen durchaus bekannt - es stellt
sich dann wie immer die Frage, ob bekanntgewordene Fälle das
Funktionieren der Kontrollen beweisen oder gerade im Sinne der Spitze
des Eisbergs deren Wirkungslosigkeit.

Faktisch besteht an einer öffentlichen Kontrolle der Wahlen wie an
diesen selbst ein weitverbreitetes Desinteresse - ob es sinnvoll wäre,
sich diesbezüglich zu engagieren, ist schwer zu sagen, es sprechen
sehr viele Dinge dagegen.


Gruß aus Bremen
Ralf
--
R60: Substantive werden groß geschrieben. Grammatische Schreibweisen:
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gesamt hältst Immission interessiert korreliert korrigiert Laie
nämlich offiziell parallel reell Satellit Standard Stegreif voraus
Stefan Schmitz
2011-05-31 21:46:56 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
X-No-Archive: Yes
Gelegentliche Besucher in einzelnen Wahllokalen könnten vielleicht
verhindern, daß dann in dem konkreten Wahllokal allzu offensichtlich
manipuliert wird, aber wie Du selbst schreibst, ist nicht einmal das
sicher.
Das habe ich nicht geschrieben. Im Gegenteil: offensichtliche
Manipulationen wird es nur dort geben, wo mit Sicherheit kein Besucher
vorbeikommt. Und sicher kann man sich da nur sein, wenn man das
wirksam (und widerrechtlich) verhindert.
Post by Ralf . K u s m i e r z
Und es verhindert sicher nicht die Möglichkeit, daß die in dem
Wahllokal öffentlich ausgezählten und bekanntgegebenen Zählergebnisse
nicht diejenigen sind, die in das Gesamtergebnis einfließen - diese
Kanäle sind der Kontrolle nicht zugänglich, siehe DDR-Kommunalwahlen
am 7. Mai 1989.
Ich weiß jetzt nicht, wie damals gefälscht wurde, aber in der BRD
besteht die Gefahr nicht wirklich.

Das Ergebnis aus dem Wahllokal wird in der Niederschrift festgehalten.
Ich gehe davon aus, dass sich für die Übereinstimmung der vom
Wahlleiter gemeldeten Zahlen mit den Niederschriften mehr Leute
interessieren als für die Zählung eines Wahllokals.

Außerdem werden die Ergebnisse jedes einzelnen Wahllokals
veröffentlicht, sodass
a) jeder Teilnehmer einer Auszählung feststellen kann, ob sein
Ergebnis richtig weitergegeben wurde und
b) jeder nachrechnen kann, ob das Gesamtergebnis stimmt.

Tom Berger
2011-05-25 09:45:23 UTC
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Post by Ralf . K u s m i e r z
Ich wollte dann mal wissen, wie die lokalen Wahlvorstände die
Auszählung wohl in endlicher Zeit gebacken kriegen. Die Antwort: Gar
nicht. Die Stimmzettel werden ungezählt ins "Auszählungszentrum" in
der alten Post an der Weide am Hauptbahnhof transportiert und dort
zentral ausgezählt, was mehrere Tage in Anspruch nehmen wird.
Ich war zufälligerweise vor wenigen Wochen im Wahlvorstand eines Wahllokals
der hessischen Kommunalwahl. Dort wurde auch nach Herzenslust kumuliert und
panaschiert. Noch am Wahlabend, unmittelbar nach Wahlende, wurden die
Wahlzettel noch im Wahllokal öffentlich ausgezählt, wobei differenziert
wurde, auf welchen Scheinen Mitglieder alleine einer Parteiliste gewählt
wurde, und auf welchen mehrere Parteien gewählt wurden. Diese
Panaschiererei wurde bei dieser Auszählung im Wahllokal nicht
berücksichtigt, und ging demnach auch nicht die Hochrechnungen ein. Wir
waren nach etwa anderthalb Stunden mit dieser Grobzählung fertig.

Diese vorsortierten Wahlscheine wurden dann zur Feinauszählung ins Rathaus
verbracht, wo einige Beamte auch gut eine halbe Woche mit dem genauen
Zählen befasst waren. Auch diese Zählung war öffentlich, aber es war -
entgegen der Grobzählung am Wahlabend - kaum Öffentlichkeit anwesend.

Interessant war, dass die Feinzählung gegenüber der Grobzählung kein
abweichendes Ergebnis erbrachte.
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Gernot Griese
2011-05-25 10:58:08 UTC
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Post by Tom Berger
Diese vorsortierten Wahlscheine wurden dann zur Feinauszählung ins Rathaus
verbracht, wo einige Beamte auch gut eine halbe Woche mit dem genauen
Zählen befasst waren.
Das wundert mich jetzt etwas, weil die Ermittlung des Wahlergebnisses
auch die Aufgabe des Wahlvorstands und nicht irgendwelcher Beamter ist.
Möglich ist allerdings, daß bei der Wahl zusätzliche Helfer eingesetzt
werden, die später bei der Auszählung nicht dabei sind. In welchem
Bundesland war das?

Gernot
Hilmar Bunjes
2011-05-25 11:06:32 UTC
Permalink
Post by Gernot Griese
Post by Tom Berger
Diese vorsortierten Wahlscheine wurden dann zur Feinauszählung ins Rathaus
verbracht, wo einige Beamte auch gut eine halbe Woche mit dem genauen
Zählen befasst waren.
Das wundert mich jetzt etwas, weil die Ermittlung des Wahlergebnisses
auch die Aufgabe des Wahlvorstands und nicht irgendwelcher Beamter ist.
Möglich ist allerdings, daß bei der Wahl zusätzliche Helfer eingesetzt
werden, die später bei der Auszählung nicht dabei sind. In welchem
Bundesland war das?
Die "hessischen Kommunalwahl" könnte auf Hessen hindeuten.

Gruß,
Hilmar
--
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Gernot Griese
2011-05-25 11:30:52 UTC
Permalink
Post by Hilmar Bunjes
Post by Gernot Griese
Post by Tom Berger
Diese vorsortierten Wahlscheine wurden dann zur Feinauszählung ins Rathaus
verbracht, wo einige Beamte auch gut eine halbe Woche mit dem genauen
Zählen befasst waren.
Das wundert mich jetzt etwas, weil die Ermittlung des Wahlergebnisses
auch die Aufgabe des Wahlvorstands und nicht irgendwelcher Beamter ist.
Möglich ist allerdings, daß bei der Wahl zusätzliche Helfer eingesetzt
werden, die später bei der Auszählung nicht dabei sind. In welchem
Bundesland war das?
Die "hessischen Kommunalwahl" könnte auf Hessen hindeuten.
So besehen: Wo du Recht hast, hast du Recht ;-)

Gernot
Tom Berger
2011-05-27 10:20:00 UTC
Permalink
Post by Gernot Griese
Das wundert mich jetzt etwas, weil die Ermittlung des Wahlergebnisses
auch die Aufgabe des Wahlvorstands und nicht irgendwelcher Beamter ist.
Möglich ist allerdings, daß bei der Wahl zusätzliche Helfer eingesetzt
werden, die später bei der Auszählung nicht dabei sind. In welchem
Bundesland war das?
So weit ich weiss, war nur der Wahlvorsteher und nicht der ganze
Wahlvorstand verpflichtet, bei dieser Feinauszählung dabei zu sein. Ich
jedenfalls, als Mitglied des Wahlvorstands, wurde dazu weder eingeladen
noch sonst irgend wie aufgefordert. Der Wahlvorsteher hat nur so nebenbei
im Gespräch erwähnt, wie das genau abläuft.

Wie gesagt: dieses Kumulieren und Panaschieren änderte am Stimmgewicht der
Parteien praktisch gar nichts. Sinnvoll ist das nur, um eventuell
unerwünschte Kandidaten aus einer Liste abzustrafen. Dazu bedarf es
allerdings wohl eines kurzfristig erworbenen, hohen Bekanntheitsgrades der
Kandidaten, der regelmäßig aber nicht existiert. Aber wenn ein Kandidat von
Listenplatz 1 in der Woche vor der Wahl ein Zimmermädchen vergewaltig, dann
könnte sich das auch bei der Wahl nachteilig für ihn auswirken.

Im Großen und Ganzen denke ich, dass man dieses Kumulieren und Panaschieren
aber genau so gut auch lassen kann.
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Gernot Griese
2011-05-27 11:11:26 UTC
Permalink
Post by Tom Berger
Post by Gernot Griese
Das wundert mich jetzt etwas, weil die Ermittlung des Wahlergebnisses
auch die Aufgabe des Wahlvorstands und nicht irgendwelcher Beamter ist.
Möglich ist allerdings, daß bei der Wahl zusätzliche Helfer eingesetzt
werden, die später bei der Auszählung nicht dabei sind. In welchem
Bundesland war das?
So weit ich weiss, war nur der Wahlvorsteher und nicht der ganze
Wahlvorstand verpflichtet, bei dieser Feinauszählung dabei zu sein. Ich
jedenfalls, als Mitglied des Wahlvorstands, wurde dazu weder eingeladen
noch sonst irgend wie aufgefordert. Der Wahlvorsteher hat nur so nebenbei
im Gespräch erwähnt, wie das genau abläuft.
Hier (Esslingen, BW) läuft es so, daß vor der Wahl geklärt wird, wer für
die Auszählung Zeit hat. Bei Kommunalwahlen gab es in letzter Zeit acht
Wahlhelfer, von denen sechs bei der Auszählung benötigt werden. Stehen
weniger als sechs zur Verfügung, wird noch jemand aus der
Stadtverwaltung dazu verpflichtet.
Post by Tom Berger
Wie gesagt: dieses Kumulieren und Panaschieren änderte am Stimmgewicht der
Parteien praktisch gar nichts. Sinnvoll ist das nur, um eventuell
unerwünschte Kandidaten aus einer Liste abzustrafen. Dazu bedarf es
allerdings wohl eines kurzfristig erworbenen, hohen Bekanntheitsgrades der
Kandidaten, der regelmäßig aber nicht existiert. Aber wenn ein Kandidat von
Listenplatz 1 in der Woche vor der Wahl ein Zimmermädchen vergewaltig, dann
könnte sich das auch bei der Wahl nachteilig für ihn auswirken.
Im Großen und Ganzen denke ich, dass man dieses Kumulieren und Panaschieren
aber genau so gut auch lassen kann.
Würde ich hier nicht so sagen. Da sieht man bei der Auszählung häufig
Muster wie 101:3, 102:3, 104:3, 106:3, wenn die Wähler die Kandidaten
103 und 105 ablehnen, obwohl sie von der Partei extra auf diese vorderen
Plätze gesetzt wurden. Oder umgekehrt auch mal 125:3 wenn der Kandidat
125 sich nach hinten plazieren lassen hat, weil er eigentlich nicht mehr
unbedingt in den Gemeinderat wollte aber die Wähler ihn weiterhin dort
sehen wollen.

Das hängt aber sicher von der Größe des Ortes ab. Wie weit sich das auf
die Sitze der Parteien ingesamt auswirkt, habe ich noch nie überprüft.
Da müßte man das Verhältnis der unverändert abgegebenen Stimmzettel zum
Endergebis anschauen; das fällt nicht so auf, wie wenn man bei der
Eingabe am PC immer die gleichen Muster vorgelesen bekommt.

Gernot
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